Jeder Wissenschaftler dürfte sich schon einmal gefragt haben, warum er auf Bücher einzelner Autoren nur nach wochenlangen Warten Zugriff bekommt. Bücher sind vergriffen, bereits ausgeliehen oder müssen per Fernleihe umständlich bestellt werden. Die Antwort ist so einfach wie deprimierend: Die Verlage verschlafen das Bedürfnis nach Zugriff auf schnell verfügbares Wissen. Karl-Heinz Schneider ist zu Recht irritiert über fachinterne Debatten, die das Prinzip der Digitalisierung in Frage stellen. Bisher scheint die Nachfrage nach elektronischen Büchern zwar noch gering zu sein, aber dem wachen Beobachter wird kaum entgehen, dass die künstliche Verknappung von Wissen, gepaart mit autorenunfreundlichen Veröffentlichungsstrukturen ihre Blütezeit längst hinter sich haben dürfte. Bisher hat zwar nur Apples iPad die Erwartungen der Nutzer in Hinsicht auf Bedienungsfreundlichkeit erfüllen können, jedoch zeigt sich auch hier ein bemerkenswert klägliches Angebot an elektronischen Veröffentlichungen. Warum?
Kaum ein Wissenschaftsverlag setzt auf parallele digitale Veröffentlichungen. Den Verlagen fehlt offensichtlich nicht nur das technische Knowhow, sondern ganz offenbar auch jede zukunftszugewandte Vision. Nicht eine deutsche geschichtsddiaktische Veröffentlichung ist digital erhältlich. Nicht eine der geschichtsdidaktischen Zeitschriften hat ihre vergangenen Ausgaben komplett online zugänglich gemacht. Was Nature und Science für Teilbereiche der Naturwissenschaften längst ermöglicht haben, ist hierzulande nicht einmal angekündigt. Bleibt es dabei, ist gewiss, dass die etablierten Organe der Bedeutungslosigkeit entgegensteuern. Engagierte demokratische Wissenschaftler können es sich nicht länger gefallen lassen, dass sie auf Neuerscheinungen keinen direkten papierlosen und unmittelbaren Zugriff ermöglicht bekommen. Und dabei ist noch nicht einmal berücksichtigt, dass die einfache Digitalisierung vergangener Printinhalte den Prinzipien von Vernetzung und Multimedia, also neuen Lesegewohnheiten, gleichwohl nur primitive Aktionen wären. Es wäre womöglich zu verkraften, wenn die Verlage ihre eigene Position aufs Spiel setzten, nicht aber, wenn sie damit auch die Anschlussfähigkeit publizierten Wissens auf Jahre verschliefen.
Niemand kann sagen, wie Zukunft geisteswissenschaftlichen Publizierens aussehen mag. Aber jeder kann sehen, dass die gegenwärtige Situation Bedürfnissen von Wissenschaftlern und technischen Möglichkeiten der Vernetzung von Dokumenten unzureichend ist. Kein Text steht in der Logik der Netzwerke für sich selbst, ohne Kommentare und Anmerkungen zuzulassen. Keine noch so machtvolle Blockade der Verlage wird auf Dauer die Verneztung und den Zugang zu Expertenwissen verhindern. Die Postverlagskultur hat die Startlöcher schon längst verlassen.
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Im Seminar stellen wir uns daher die Frage, wie wir diesen Bedürfnissen nach unmittelbarem Zugriff auf Wissen gerecht werden könnten, welche Rolle die Verlage dabei spielen und welche Vorteile vernetzte digitale Texte von Wissenschaftlern bieten.
Die Kritik ist meiner Meinung nach absolut angebracht, aber das Probelm setzt nach meinem Verständnis schon früher an. Denn bevor ich weiß, dass es keine Bücher gibt, muss ich alleine bei mindestens drei Diensten (für das Beispiel iPad gerechnet) danach suchen. Ich nutze derzeit dafür den iBooks-Store, Stanza und Kindle, bekomme dadurch die Daten in gefühlten zehn verschiedenen Formaten und tue mich sehr schwer damit, diese bspw. mit meinem Computer zu synchronisieren.
AntwortenLöschenDas oben beschriebene Problem greift also nicht nur für deutsche wissenschaftliche Literatur, sondern auch für deutschsprachige Belletristik. So ist es zum Beispiel auf der amerikanischen Seite von Prohekt Gutenberg relativ problemlos möglich, ebooks von den Texten herunterzulassen (zumindest, nachdem ich weiß, welches Format ich benötige), in Deutschland ist das aber nicht möglich. Sicherlich ist das eBook in Deutschland zwar sowoh in der wissenschaftlichen als auch in der "schönen" Literatur ein Nischenprodukt und ich halte auch immer noch lieber Papier in der Hand als einen Bildschirm, dennoch komme ich, je mehr ich auf dem iPad lese, zu der Meinung, dass dieser Markt eine große Zukunft hat und ein schier enormes Potential bietet (gerade auf Multifunktionsgeräten, die über das reine eBook lesen weitere Möglichkeiten bilden)' welches derzeit nur ansatzweise genutzt wird.